Wer die Mauer wiederhaben will, hat vergessen, wie es war

4. Oktober 2015

Wendenborstel. „Hier gibt es ja alles aus dem Fernseher“, als Ausspruch eines Kleinkindes aus der DDR 1989 direkt nach der Ankunft im Westen gehörte zu den heiteren Momenten eines ansonsten zeitweise sehr emotionalen und bewegenden Vortrags mit sprichwörtlichen „Gänsehautmomenten“, zu dem über 60 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer den Weg ins Gasthaus Beermann nach Wendenborstel gefunden hatten. Sie erlebten das aktuelle Thema Flüchtlinge einmal aus einer ganz anderen Zeit. Eingeladen hatten die CDU-Vorsitzenden des Kreisverbandes Nienburg und des Samtgemeindeverbandes Steimbke, Dr. Frank Schmädeke und Dr. Holger Spreen, zum schon traditionellen Politischen Frühschoppen anlässlich des Tags der Deutschen Einheit.

151003 Politischer Frühschoppen - Dank an Referenten

Die CDU bedankt sich bei den Referenten für den gelungenen Vortrag, (v.l.n.r.) Bundestagsabgeordneter Maik Beermann, CDU-Vorsitzender Holger Spreen, Manuela und Dr. Jens Schneider, stellvertretender CDU-Vorsitzender Bernd Koch.

Der heimische Bundestagsabgeordnete Maik Beermann hatte mit Freigetränken nicht nur für die richtige Feiertagsstimmung gesorgt, sondern auch in das Thema eingeführt, das vor einem Vierteljahrhundert die Nation besonders bewegte. Aus dieser Zeit berichteten Manuela und Dr. Jens Schneider, die im Oktober 1989 mit drei kleinen Kindern aus Thüringen über Ungarn in den Westen geflüchtet waren und danach in Obernkirchen im Landkreis Schaumburg ein neues Zuhause gefunden haben. In bewegenden Worten schilderten beide ihre Situation in der damaligen DDR, die dortigen Lebensumstände und die Details und Schwierigkeiten ihrer Flucht. Schikaniert schon in der Schule und desillusioniert durch Gewalt und Drogendelikte im Ort, über die offiziell nichts zu hören und lesen war, bis hin zur Ausrichtung auf das Militär schon in der Krippe, die sie bei ihrem zweijährigen Kind erlebten – mehr und mehr verloren sie den Glauben an die „heile Welt“ in der DDR. Eltern hätten ihre Kinder, Freunde einander an die Stasi verraten, die Sicherheit war nur vorgegaukelt. Als vor allem Manuela Schneider dann die Fluchtvorbereitungen schilderte und wie emotional aufgewühlt am Vortag der Flucht der Abschied ihrer Kinder von den Großeltern war, die zur Sicherheit ebenfalls nicht vorher eingeweiht wurden, da fehlten nicht nur der Referentin mitunter die Worte. Auch in der Zuhörerschaft war es mucksmäuschenstill ob der bewegenden Schilderungen, die für echte Gänsehautmomente sorgten. Um so unbeschreiblicher war bei Familie Schneider die Freude, als sie am 19.10.1989 nach drei Tagen mit drei Kindern und drei Koffern in Österreich ankamen. „Das Gras war tatsächlich grüner und die Bäume goldener“, schilderten sie ihre Erinnerungen, die herzliche Aufnahme im Westen Deutschlands und die schon einleitend dargestellte Vielfalt in den Warenauslagen der Kaufhäuser aus der Sicht ihres kleinen Sohnes.

„Wer die Mauer wiederhaben will, hat einfach vergessen, wie es war“ fasste Manuela Schneider ihre Schilderungen zusammen, die sie als „kleine Geschichten zur großen Geschichte“ ursprünglich für ihre Kinder aufgeschrieben, aber zwischenzeitlich auch als Buch veröffentlicht hatte. CDU-Vorsitzender Holger Spreen machte in seinem abschließenden Dank an die Referenten deutlich, wie wichtig es ist, diesen Teil der deutschen Geschichte in Erinnerung zu behalten, damit Diktatur und Unterdrückung in Deutschland sich nicht wiederholen. Besser als mit diesem Zeitzeugenbericht hätte das wohl kaum gelingen können.

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